R’ADYS Mountain Marathon 2010 (14./15.8.2010)

Einmal im Jahr im Team die Kante geben!

Grüezi mitenand, am 14./15. August 2010 fand in Pontresina im bündnerischen Oberengadin die 35. Auflage des R’ADYS MOUNTAIN MARATHON statt. Wie schon einige Vereinsmitglieder (Gerhard, André, Mirko, Carmen und Philipp) in den vielen Jahren zuvor, zog es dieses Jahr Sandra, Marco, Pascal und mich mal wieder in die Schweiz, um an die eigenen mentalen und physischen Grenzen zu gehen.

Unterhalb des Piz Palü (3900 m NN) ging es an zwei Tagen im Zweierteam über Blockfelder, durch Sümpfe, Flüsse, vorbei an Kuhfladen und wie in der Schweizer Alpen nicht anders zu erwarten war, meistens steil bergan.

Für Marco und mich ging es am Dienstag, den 10.08.2010 aus Dresden los, in Richtung Süden. Wir wollten vor dem eidgenössischen Spektakel die Zeit nutzen und noch ein paar Tage das Alpenvorland sowie die Alpen erkunden.

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Nach einem kurzen Ausflug in die Schwäbische Alb zum Zeugenberg Ipf (668 m NN), wo uns von einem Modellflugzeug fast die Öhrchen absegelt worden sind, sowie nach einem Abstecher in einen Posiodonienschiefersteinbruch bei Holzmaden um dort Ammoniten zu sammeln, näherten wir uns peu à peu den Alpen. Am Mittwochnachmittag starteten wir unsere Gratwanderung auf der Nagelfluhkette bei Sonthofen, wobei diese schöne Wanderung einen ersten Test darstellen und gleichzeitig zur Akklimatisation dienen sollte. Nachdem wir das Rindalphorn (1822 m NN) und die höchste Erhebung der Nagelfluhkette, den Hochgrat (1834 m NN) erfolgreich erklommen hatten, zog es uns am Donnerstag, die Sonne schien in Strömen, über Bregenz, St. Magarethen, Chur, St. Moritz nach Pontresina. Am Abend erreichten wir mit dem Campingplatz Plauns (nach eigenen Angaben, der höchstgelegene Campingplatz in Europa) unser Basislager, wo schon Andy Lenk und Anton Möller (USV TU Dresden) auf uns warteten. Am Freitag unternahmen wir noch eine gemütliche Wanderung zum Morteratschgletscher und besuchten im Anschluss die Alp-Schaukäserei in Morteratsch, die sich am Fuße des Gletschers befindet. Auf dem Rückweg zum Campingplatz durchquerten wir aus Abenteuerlust, den Gletscherbach Ova da Bernina, der viel kälter und tiefer war als zuvor von Norbert vermutet worden war…

Nach der Anmeldung am Freitagabend im Kongresszentrum Rondo in Pontresina, der Kartenpräparation und dem finalen Akt des Rucksackpackens, wurden wir am Samstagmorgen mit Bussen aus Pontresina zur Talstation der Lagalb transportiert.

Das Laufgebiet war vorwiegend alpin geprägt und lag zwischen 1000 und 3000 m NN. Wie in den Jahren 2007 und 2008 starteten Marco und ich in der Kategorie „Orientierung Kurz Offen“. Für uns standen insgesamt 49 Leistungskilometer (29 km Strecke, 2050 hm und 19 Posten) auf dem Programm. Um 10:30 Uhr fiel ebenda der Startschuss zum diesjährigen Mountain Marathon.

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Am ersten Tag standen für uns 15,5 km, 990 hm, 9 Posten auf dem Plan. Wir nahmen uns am Start  viel Zeit, um in aller Ruhe unsere Posten einzutragen und begannen anschließend  das Feld von hinten aufzurollen. Gleich zum ersten Posten mussten fast alle Teams ein Anstieg von 300 hm bewältigen. Zum 2. Posten ging es dann recht zügig bergab. Auf dem Weg dorthin schlossen wir zu Andy und Anton sowie zu Sandra und Pascal auf.

Nach der Durchquerung von zwei Blockfeldern und dem Abstieg zum 5. Posten liefen wir links um den Stausee herum. Danach folgte ein weiterer heftiger Anstieg zum 6. Posten, hierbei mussten wir ebenfalls ein großes Blockfeld durchqueren. Der 6. Posten befand sich an einer exponierten Felswand, wo uns ein eisiger Wind entgegen blies. Wir haben uns im Nachhinein gefragt, wie es die zwei Funkposten dort über mehrere Stunden sitzend ausgehalten haben… Wie dem auch sei, jedenfalls trafen wir an diesem Posten Sandra und Pascal wieder. Sie hatten die Route, rechts um den Stausee gewählt und lagen bis dahin in der Kategorie „Orientierung Kurz Mixed“ sehr gut im Rennen. Sie mussten aber danach leider verletzungsbedingt aufgeben.

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Ab dem 7. Posten, ein Höhenpunkt 2368 m NN, gesellte sich zu dem eisigen Wind auch noch der Regen. Auf dem Weg zum Endposten mussten wir noch eine dicht, gedrängte Kuhherde durchqueren, die unter einer Brücke Zuflucht vor dem Regen gesucht hatte und dort den gesamten Wanderweg blockierte. Nach 4:16:42 h erreichten wir mit zwei Sekunden Vorsprung vor den KMIMM-Oldies (Jahrgang 1956 und 1957) das Ziel und schlugen im Camp bei wieder einsetzenden Regen unser Zelt auf.

Und mit dem Regen setzte die eigentliche Härteprüfung der diesjährigen Auflage ein. Denn es regnete über 12 h, wie aus Eimern. Zu morgendlicher Stunde wurde aus dem Regen noch ein ordentliches Gewitter. Die Wiese, auf der wir zelteten, wurde zu einem riesigen Swimmingpool umfunktioniert. Da etliche Zelte unter Wasser standen, mussten viele Teams mitten in der Nacht in den sauren Apfel beißen und mit Sack und Pack in eine alte, steinerne Almhütte umziehen. Je länger der Regen andauerte, desto enger wurde es dort. Wir hatten Glück, denn unser Zelt hielt den Wassermassen halbwegs stand. Lediglich durch den Zeltboden drückte etwas Wasser. Um unser Wasserbett zum Boden hin besser zu isolieren, packten wir kurzer Hand unsere einlaminierten Karten unter die Schlafsäcke und sind durch die Zweckentfremdung einigermaßen trocken geblieben.

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Am Sonntagmorgen beim Zelt abbauen, wurde uns klar, wie viel Wasser auf der Wiese stand und wie wenig Zelte sich dort nur noch befanden. Dafür kamen immer mehr Leute aus der Almhütte. Am Start wurde das ganze Ausmaß des nächtlichen Dauerregens erst richtig ersichtlich. Von der ohnehin geringen Anzahl an Teams, die am Tag zuvor gestartet waren, ist nur noch eine handvoll übrig geblieben. Viele Teams gingen aufgrund von undichten Zelten, nassen Schlafsäcken, klammen Klamotten und der Kälte, die ihnen in den Knochen steckte, am Sonntagmorgen um 8:00 Uhr nicht mehr an den Start.

Wir rafften uns aber auf und stiegen in die feuchten Plünden, was schon mal die halbe Miete darstellte. Bei der zweiten Etappe zurück nach Pontresina mussten wir 13,5 km und 1100 hm zurücklegen sowie 9 Posten anlaufen. Nach anfänglichen Orientierungsschwierigkeiten bei den ersten drei Posten, fanden wir auf dem Weg zum 4. Posten doch noch ins Rennen. Zum 5. Posten galt es den einzigen harten Anstieg zu überstehen. Dieser hatte es mit 600 hm aber noch einmal in sich. Oben nach 1:13 h am 5. Posten angekommen, war es windig, sehr kalt und es setzte Schneeregen ein, der aber zum Glück nur von kurzer Dauer war. Petrus hatte kurze Zeit später ein Einsehen mit uns. Denn ab dem 6. Posten schien endlich mal wieder die Sonne durch die Wolken hindurch. Ab dem 7. Posten begann für uns der Abstieg runter ins Tal nach Pontresina, vorbei an pfeifenden Murmeltieren. Hier wurde das Rennen noch einmal sehr schnell. Da sich in Sichtweite vor bzw. hinter uns Konkurrenzteams befanden, mobilisierten wir beim Bergablaufen unsere letzten Kraftreserven. Auf der Zielpflichtstrecke in Pontresina kam es wenige hundert Meter vor dem Ziel noch mal zum Showdown. In einem packenden Zielsprint gegen die KMIMM-Oldies konnten wir fast zu ihnen aufschließen. Doch die mehrmaligen Langdistanzsieger bissen auf die Zähne und hielten mit aller Macht dagegen. Da wir 8 Sekunden später als die KMIMM-Oldies die Zielstation stempelten, reichten die zwei Sekunden Vorsprung vom Vortag nicht aus. Für die zweite Etappe benötigten wir 4:14:53 h. Im Ziel waren wir nach einer kurzen Phase der Resignation, dann doch zufrieden mit unserer erbrachten Leistung. In der Gesamtaddition hatten wir mit 8:31:35 h Gesamtlaufzeit 6 Sekunden Rückstand auf die KMIMM-Oldies und beendeten den 35. Mountain Marathon in der Kategorie „Orientierung Kurz Offen“ auf einem guten, sechsten Platz.

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Unterm Strich hat uns die Teilnahme am diesjährigen Mountain Marathon, trotz des nächtlichen Dauerregens Freude bereitet. Das Laufgebiet war durch die höhere Lage etwas alpiner und das Terrain dementsprechend schroffer ausgebildet. Ein wenig schade ist nur, dass sich die Veranstalter seit zwei Jahren in Sachen Camp von den wilden, abgeschiedenen Ecken zu den mehr urban geprägten Standorten in der Schweizer Bergwelt hinbewegen. Für viele Teams geht dadurch der Reiz an dieser Veranstaltung verloren, was sich zum Teil auch auf die Teilnehmerzahlen auswirkt. So haben wir das gute alte, sibirische Wanderklo schon vermisst und sind mit Wehmut auf das Dixi-Klo gegangen.

Nach einer ausgiebigen, warmen Dusche traten wir am frühen Sonntagnachmittag die Rückfahrt in Richtung Thusis an. Dort statteten wir Flo, mit dem Norbert im August 2009 auf Exkursion durch Russland war, und seiner Familie einen Besuch ab. Wir wurden dort zu einem leckeren Abendessen in einer gemütlichen Dorfgaststätte eingeladen und konnten bei seiner Familie, in einem schönen Schweizer Alpenhaus übernachten. Am nächsten Morgen genossen wir vom Frühstückstisch aus den Panoramablick auf den Piz Beverin (2998 m NN), dessen Gipfel seit letzter Nacht mit Schnee überzuckert war. Wir guckten uns beide an und sagten gleichzeitig: „Na da haben wir ja mal wieder Schwein gehabt“… Gut gelaunt, gestärkt und erholt verabschiedeten wir uns von Flo’s Eltern und traten am Vormittag die Heimreise in Richtung Dresden und Berlin an.

Text: Marco Jensch & Norbert Pflug
Fotos: Thomas Rewig, Marco Jensch & Norbert Pflug