O-Ringen 2009 in Småland, Schweden (19.-24.7.2009)

Klappschuh und Gipsarm haben ein Rendevouz im Pippi-Langstrumpf Land

Nach fünf Jahren der Abwesenheit wagte sich wieder eine kleine Gruppe des OLV Potsdam in das Mutterland des Orientierungslaufes, nach Schweden zum dort alljährlich statt findenden O-Ringen. O-Ringen wie das klingt, für alle diejenigen unter euch, die mit dem Begriff weniger anfangen können, hinter diesem Wörtchen verbirgt sich der größte Orientierungslaufwettkampf der Welt.

Foto

Der erste O-Ringen fand im Jahr 1965 statt, damals nahmen mit 165 Teilnehmern noch eine überschaubare Anzahl von OLern daran teil. In den folgenden Jahrzehnten hat sich diese Veranstaltung in Schweden zu einem riesigen und zugleich sehr gut durchorganisiertem 5-Tage-OL entwickelt. Für viele Schweden genießen diese fünf Tage oberste Priorität bei der Wettkampfplanung. Sehr oft wird diese eine Woche auch gleich mit dem Jahresurlaub verbunden, was dazu führt, dass die Teilnehmerzahl im Durchschnitt bei 15.000 liegt. Wobei das Groß der Teilnehmer schon aus Schweden kommt, weil Orientierungslauf hier zu den Nationalsportarten zählt aber auch an hochkarätiger internationale Beteiligung mangelt es wahrlich nicht, wenn man einen Blick auf die Besetzung der Superelite bei den Damen und Herren wirft. Durch seine große Popularität hat dieser Mehrtagewettkampf mit seinen fünf Etappen für den Großteil der Teilnehmer aber eher den Charakter eines Sportfestes.

Dieses Jahr fand O-Ringen vom 19. bis zum 24. Juli 2009 in Eksjö statt. Die sehenswerte Kleinstadt Eksjö befindet sich in der Provinz Småland, genauer gesagt südöstlich vom Vättern-See zwischen Jönköping und Vimmerby. Wobei Vimmerby die Geburtsstadt der Kinderbuchautorin Astrid Lindgren ist. Und besonders bei den kleinen Geistern, ich denke aber auch bei so manchem Erwachsenen beginnen noch heute die Augen zu funkeln, wenn einem Namen wie Småland, Vimmerby, Michel Lönneberga oder Bullerbü in den Gehörgang flattern. So freute auch ich mich sehr, auf den Ausflug ins Pippi-Langstrumpf Land.

Insgesamt machten sich mit Stine, Ferdinand, Jacqueline, Tinko, Tina, Tabea, Monika, Fred, Carmen, Philipp, Sandra, Marco und „last but not least“ mit mir, 13 Leute aus unserem Verein auf den Weg zum O-Ringen nach Eksjö.

Foto

Für Monika, Fred, Sandra, Carmen, Marco und für mich sollte dies nach Göteborg 2004 die zweite Teilnahme am O-Ringen bedeuten, wohingegen Stine, Ferdi, Jaqueline, Tinko, Tina, Tabea und Philipp ihr Debüt feierten. Wir alle freuten uns schon sehr darauf, in den schwedischen Wäldern die Posten zwischen den Blaubeeren, in den Sümpfen, an den Felsenwänden und auf den vielen Hügeln zu suchen. Dementsprechend groß war die Vorfreude bei den einen und gespannt, was sie denn nun genau in schwedischen Wäldern zu erwarten haben, bei den anderen.

Los ging es am Samstagmorgen um 5:30 Uhr von Michendorf aus, zack im Regen auf die Autobahn nach Rostock zum Fährhafen. Pünktlich um 8:00 Uhr legt die „Tom Sawyer“ ab und stach in Richtung Trelleborg in See. Eine Stunde nachdem Auslaufen meldete sich plötzlich der Piratenkapitän per Lautsprecherdurchsage zu Wort und appellierte an die kleinen Leichtmatrosen an Bord, dass diese sich bitte in der Spielecke bei der Rutsche mit den Bällen einzufinden haben. Kurze Zeit später begann dann auch das große Spektakel, nämlich die Piratenausbildung. Da wir das unbeschreibliche Vergnügen hatten, der Piratenausbildung in unmittelbarer Nähe beiwohnen zu können und es nach der „Waffenausgabe“ in Form von Luftballonsäbeln endgültig vorbei war, auch nur im entferntesten an Schlaf zu denken, machten wir gute Miene zum bösen Spiel und guckten uns das Geschehen mal etwas genauer an. Frei nachdem Motto, vielleicht kann man ja auf seine alten Kindetage noch etwas lernen. Und richtig, neben der ausgefeilten Säbeltechnik, die unsere zukünftigen Freibeuter der Meere erlernten, wurde ihre Reaktionsschnelligkeit beim Spiel „Kopf und Bein ab“, das im weiteren Verlauf der Piratenausbildung immer wieder spontan vorkam geschult. Später gab es dann noch eine Meuterei, bei der die Schatztruhe des Piratenkapitäns entwendet wurde, was dieser gar nicht toll fand. Die Meuterei wurde später mit der Ausgabe von Schokotalern niedergeschlagen und an Bord herrschte wieder klar Schiff. Okay so viel dazu…

Nach sechs Stunden Fahrt mit der Fähre legten wir dann endlich um 14:00 in Trelleborg an und hatten erstmals schwedischen Boden unter den Reifen. Die restlichen 300km bis nach Eksjö, legten wir auf den schwedischen Autobahnen zurück, wo uns schon die ersten Achtungsschilder mit dem für Schweden typischen Elchsymbol begegneten. Gegen 18:00 hieß es dann „Eksjö in Sicht“.

Angekommen im O-Ringen Town begaben wir uns gleich zum O-Ringen Square um dort unsere Startunterlagen abzuholen. Es hat eine Weile gedauert, bis wir uns an die Dimensionen dieses „Mega-Events“ gewöhnt hatten und uns auf dem weitläufigen Zeltplatz zurecht fanden. Der Zeltplatz und das O-Ringen Town befanden sich auf einem militärischen Übungsgelände, was durch mehrere Schießbahnen und einer unbefestigten Flugzeuglandebahn gekennzeichnet war. Diese wurde aber kurzer Hand als Stellplatz für tausende Wohnmobile umfunktioniert.

Ansonsten haben die Organisatoren an so ziemlich alles gedacht, was das Herz eines OLers begehrt. So gab es neben der riesigen Ausstellungs- und Anmeldehalle, eine Rezeption, eine Touristeninformation, eine Poststelle in der man Ansichtskarten verschicken konnte, daneben einen Fahrradverleih, eine Zeltmensa, einen Kindergarten, einen riesige Freiluftdusche, einen Einkaufsladen, Luxustoiletten gleich neben den für uns gewohnten Dixiklos, mehrere Shoppingzelte wo Mann und Frau ihre schwedischen Kronen gegen skandinavische Sportbekleidung eintauschen konnte, eine Bühne mit Band sowie eine eigens für O-Ringen aus dem Boden gestampfte Radiostation. Und Radio-O-Ringen berichtete direkt und landesweit über den kompletten Zeitraum der Veranstaltung vom Wettkampfgeschehen. Weiterhin positiv in Erinnerung wird uns bleiben, dass fast alle Einrichtungen auf engstem Raum konzentriert waren, wodurch uns eine längere Latscherei über den Zeltplatz erspart geblieben ist. Denn laufen mussten wir im Wald ohnehin genug. Die zentrale Lage des Wettkampfzentrums und der Fakt dass alle Etappen innerhalb einer halben Stunde entweder zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar waren sorgte dafür, dass am Morgen vor dem Start die gewöhnliche „Startpanik“ ausblieb und man, wenn man es denn wollte, auch mal ein wenig länger schlafen konnte.

Die Gesamtkarte auf denen die 5 Etappen des O-Ringens stattfanden, wurde von 1981 bis 2003 aufgenommen. Auf ihr fanden in der Vergangenheit schon ein paar bedeutende schwedische Wettkämpfe statt.

Karte

Letztendlich hat die gute Zusammenarbeit der 21 Vereine, die in der Provinz Småland beheimatet sind, zusammen mit der Stadt Eksjö und der dort ansässigen Garnison der schwedischen Armee, dessen Pioniere neben dem Bau der Pontonbrücken die gesamte Infrastruktur des Campingplatzes errichtet haben, diese erlebnisreiche Orientierungslaufwoche ermöglicht. Die Teilnehmerzahl konnte zwar dieses Jahr nicht an die Rekordzahl von über 24.000 Startern aus dem Vorjahr heranreichen, das tat der Stimmung aber keinen Abbruch. Denn auch ca. 11.000 Teilnehmer machten O-Ringen 2009 für uns zu einem unvergesslichen Erlebnis.

Aber nun mal der Reihe nach. Nachdem wir am Samstagabend nach längerer Suche unseren Zeltplatz gefunden hatten und das Aufbauen der drei Zelte abgeschlossen war, rundeten wir den Anreiseabend mit dem Genuss von böhmischen Kaltgetränken ab. Das Gelände wurde uns, wie soll es auch anders sein als typisch skandinavisch beschrieben, sehr detailreich mit vielen Kuppen, Senken, Steinen, Sümpfen und infolge der Nutzung als militärisches Übungsgelände reich an Gräben. Insgesamt standen fünf Etappen auf dem Programm. Wobei der Zieleinlauf der Etappen 1, 4 und 5 in der Arena Ränneslätt erfolgte. Die Etappen 2 und 3 fanden dagegen in der Arena Risan statt, die sich 3km westlich von unserem Basislager befand. Um dorthin problemlos hin zu gelangen, wurde die Straße nach Anneberg für den Wettkampfzeitraum komplett für den Autoverkehr gesperrt. Aber auch die Eisenbahnlinie nach Eksjö war für zwei Tage außer Betrieb, weil die Etappen am Donnerstag und Freitag diese kreuzten.

Richtig los ging es für uns alle am Sonntag mit der ersten Etappe. Die Nerven waren schon am Sonntagmorgen bei einigen zum Zerreißen gespannt, zum Glück gab es für jeden noch ein Stückchen Käsekuchen als Proviant mit auf den Weg zum ersten Start. Nach mehr oder weniger langem Gesuche in den Postennestern, kurz bevor es in die Zielarena Ränneslätt ging, löste sich bei uns nach dem Zieleinlauf die erste Anspannung. Der Sonntagabend fand bei strömenden Regen in gemütlicher Runde unter Philipps Tarp, bei einer deftigen Brotzeit mit ordentlich Knoblauch, Zwiebeln, Käse, Salami und ein paar Tropfen Wein seinen Ausklang.

Sandra griff in ihre Kreativitätskiste und zauberte neben „Kommando Pimperle“ sowie „Zipp Zapp“ noch diverse andere Spielchen aus dem Hut, bei denen wir uns alle köstlich amüsierten. Und Kapitän „Robby“ durfte zu so später Stunden natürlich auch nicht fehlen.

Am Montag und Dienstag mussten wir einen längeren Fussweg zur Arena Risan bewältigen. Die schlauen Schweden überbrückten diese Distanz mit dem Fahrrad.

Foto

Der Anblick dieses riesigen Pelotons auf der gesperrten Straße nach Anneberg war gigantisch und es wollte und wollte einfach nicht enden. Nach meiner Einschätzung war die zweite Etappe die mit Abstand schwierigste. Im nördlichen Teil der Karte gab es kaum Wege, was ja sehr typisch für skandinavische Wälder ist. Dort konnte man schon froh sein, wenn man eine Stromleitung fand an der man sich entlang hangeln konnte. Auf diesem Teil der Karte stand das Querlaufen durch die schwedische Wildnis ganz klar im Vordergrund. Und so musste man sich von Sumpf zu See, ab und an auch durch Dickicht schlagen, Steine zählen sowie ständig das Höhenbild mitlesen. Aber auch der Kompasslauf war hier sehr wichtig. Zum Ziel hin wurde das Gelände mit sehr vielen Kuppen und Steinen sehr detailreich. Wenn man dort einmal die Peilung verloren hatte, wurde es sehr schwer diese wieder zu finden. Außerdem durfte man sich in den Postennestern nicht von den vielen anderen heranstürmenden Läufern irritieren lassen, denn auch diese hatten oft keine Peilung, wo sie sich denn im Wald genau befanden. Pikante Bemerkung am Rande, Ferdi legte am dritten Tag eine gewisse Strecke seiner H13-Bahn mit dem Quad zurück. Ferdi, die Quadsignatur und wie du diese angelaufen bist, musst du mir auf der Karte noch mal genau zeigen. Damit ich beim nächsten mal auch diesen Service in Anspruch nehmen kann.

Spaß bei Seite, am Dienstagnachmittag machten Carmen, Sandra, Philipp, Marco und meine Wenigkeit noch einen Abstecher in die historische Altstadt von Eksjö. Die Stadt hat ohne die rund 11.000 Teilnehmer des O-Ringens ca. 10000 Einwohner. Wie es aussieht, wenn dort für 7 Tage die doppelte Anzahl an Menschen durch die Straßen tigert, kann sich jeder selbst ausmalen. Ich denke die Restaurants haben in der Zeit den Umsatz ihres Lebens gemacht.

In Eksjö haben wir am späten Nachmittag den Stadtsprint der Elitserien bei den Damen und Herren verfolgt. Diese sprinteten unter einer atemberaubenden Kulisse durch die engen Gassen und Hinterhöfe von Eksjö.

Foto

Die historische Altstadt besteht aus einer wunderschönen Holzhausarchitektur, die im Kern noch zu weiten Teilen erhalten ist. Viele Wohnhäuser tragen immer noch den für schwedische Häuser typischen, dunkelroten Anstrich. Idyllische, versteckte Hinterhöfe laden hier zum verweilen ein, wenn man nicht gerade Kompass, Si-Chip und Karte an den Fingern hat und der Puls jenseits von 190 umher rattert. Der emotionale Zieleinlauf auf dem Stora Torget, muss sich dann für die Damen und Herren, wie ein Bad in der Menge angefühlt haben, bei dem das Adrenalin noch mal in die Höhe schoss. Die Organisatoren hatten auch hier an alles gedacht. Da der Zieleinlauf direkt auf der großen Bühne endete, konnte man diesen auch wenn man weiter weg stand, sehr gut einsehen. Neben der Bühne befand sich noch eine große Videoleinwand auf der man den Sprint mitverfolgen konnte.

Im Anschluss fuhren wir ca. 30km nach Norden, raus aufs Land und besuchten Moni, Fred, Tina, Tabea, Jacqueline, Tinko, Stine, Ferdi sowie den Vater von Tina und Tinko.

Foto

Sie alle hatten sich auf einen abgelegenen aber sehr idyllischen schwedischen Bauernhof einquartiert. Dort wurde am Abend der Grill angeschmissen sowie das Kupp spielen geübt. Und dann gab es dort noch ein Trampolin, was Stine, Ferdi und Sandra noch einmal zu sportlichen Höchstleistungen trieb. Leider blieb dies nicht ohne Folgen, denn Sandra stürzte beim Springen in das Gras und verletzte sich am Handgelenk. Wodurch wir spät Abends dem Krankenhaus in Eksjö noch einen Besuch abstatteten und sie einen Gips bekam. Im Krankenhaus machten wir in der Kinderspielecke des Wartezimmers beim Spielen mit Duplosteinen auch noch Bekanntschaft mit dem „Iren“ Lars Petersen. Aber diese Geschichte jetzt weiter auszuführen, würden den Rahmen endgültig sprengen… Kurz nach Mitternacht konnten wir mit Sandra’s Gipsarm im Gepäck das Krankenhaus verlassen und fielen ziemlich geschafft in unsere Zelte. Lange schlafen konnten wir dann nicht mehr, denn draußen wurde es auch schon wieder hell.

Am Mittwoch war dann „Bergfest“, welches zugleich mit einem Ruhetag versüßt wurde. Die Veranstalter hatten sich auch für diesen Tag ein reichhaltiges Beschäftigungsprogramm ausgedacht und so standen „lot of activities“ in Form von Hubschrauberrundflügen über O-Ringen Town, Trommeln im Indianerzelt sowie ein Biathlon-OL auf der Tagesordnung. Wir hingegen nutzen diesen Tag, um die Gegend um Eksjö zu erkunden. So fuhren wir mit dem Auto an einen See zum Baden und Grillen, leider frischte der Wind ziemlich schnell auf und das Wetters verschlechterte sich, sodass wir etwas verfrüht von dort wieder aufbrachen. Am Abend wurde es dann wieder höchste Eisenbahn für eine ordentliche Brotzeit mit Flatbröd, leckerem braunen Käse aus Norwegen und ganz wichtig Köttbullar. Gerade diese zuletzt genannte schwedische Spezialität, sollte im weiteren Verlauf des Abends sowie nachts im Zelt für einen wohlriechendes Raumklima sorgen. Ja ja, die Trompetenkäfer waren gut unterwegs an diesem Abend…

Am Donnerstagmorgen ging es dann raus zur 4 Etappe. Diesmal stand zur Abwechslung ein Mitteldistanzlauf an, bei dem es besonders galt die Augen im Wald offen zu halten und nicht die Konzentration zu verlieren. Das Gelände war sehr detailreich, nicht ohne Grund gab es vom Veranstalter an diesem Tag für alle Klassen Karten im Maßstab 1:10000. Dass man bei rund 11.000 Teilnehmern auch mal ganz alleine im Wald sein würde, daran haben wohl die wenigsten geglaubt. Aber auch das kam vor und dafür brauchte man sich nicht mal in der Walachei weg zu parken.

Foto

In Postennähe ging dann meist das große Suchen und Getümmel los. Bei der Feinorientierung im detailreichen Gelände heiß es dann Tempo runter, Wandermodus einschalten, Augen aufsperren, ganz wichtig Ruhe bewahren und nicht die Nerven verlieren, denn auch die einheimischen OLer wussten oft nicht, wo sie sich denn genau befanden. Die Erlösung folgte, wenn man es wusste, jetzt nur noch den Massen hinterher zum Endposten stürzen, diesen lochen, abbiegen auf die Zielgerade, schwups in die richtige Zielgasse einsortieren und spätestens ab hier ging der Zielsprint los. Und wirklich jeder ob jung oder alt keulte was die Beine hergaben, mit den letzen Reserven ins Ziel.

Nachdem Auslesen am „Ausleseterminal“ im Zielbereich, stürzte man sich anschließend erneut ins Getümmel um den Schnellwertungszettel abzuholen und um sich die heiß ersehnten Erfrischungsgetränke in den Hals zu schütten. Wenn man am Zielzelt einen Augenblick der Ruhe fand und dort eine Weile verharrte, wurde einem noch mal bewusst wie gigantisch alles beim O-Ringen war. Gerade vom Rahmenprogramm welches nebenher mitlief waren wir immer wieder beeindruckt. Ab und an hat es uns schon die Sprache verschlagen.

Bei unserem vereinsinternen Zielsprintwettbewerb, hatte Philipp meistens die Nase vorn. Ob das am an seinem neuen Chip lag oder die anderen einfach zu knülle waren und ihre Reserven im Wald schon aufgebraucht hatten und nur noch auf dem Zahnfleisch kriechend ins Ziel eierten, dass war die Frage, mit der wir uns Abends beim gemeinsamen Auswerten häufig beschäftigten.

Am Donnerstagabend absolvierten Sandra, Carmen und ich noch ein sogenanntes „Naturpasset“ in der Altstadt von Eksjö. Hierbei musste man in der Innenstadt mit Hilfe eines vereinfachten Kartenausschnitts markante Punkte wie Häusergiebel, Türen, Innenhöfe, Wappen, Brunnen und Denkmäler aufsuchen und vor Ort diese Punkte mit den Photos auf der Rückseite der Karte vergleichen, um anschließend jedem Punkt das richtige Bild zu ordnen zu können. Wir fanden diese Idee ziemlich originell und es hat uns großen Spaß bereitet mit offenen Augen durch Eksjö zu gehen und auch mal einen Blick in die entlegensten Winkel zu werfen, wo man als „normaler“ Tourist nur selten den Weg hinfindet. In Potsdams schöner, verwinkelter Innenstadt mit den vielen Hinterhöfen, gerade im Holländischen Viertel wäre so etwas sicher auch eine Touristenattraktion und eine Bereicherung für die Stadt. Und für uns als Verein die Chance bekannter zu werden.

Am Freitag bei der fünften und letzten Etappe wurde im Jagdstartmodus gestartet. Außer Fred der in der H50-K lief, hatten wir alle mehr als 90 Minuten Rückstand zur Spitze gehabt und deshalb ging es für den Rest von uns im 15 Sekunden Startabstand, ab in den Wald.

Foto

Dort wurde zunächst in einer größeren Gruppe der Posten eingekreist, anschließend wurde mit einem Affenzahn weiter zum nächsten Posten gehämmert. Nur am Ende am einzigen großen Berg kurz vor dem Ziel hieß es dann wieder Äuglein aufsperren und ja keinen Fehler machen, denn dann waren alle weg. Wobei Marco bei der letzten Etappe fast pünktlich, leider aber doch noch 3km vor dem Ziel seinen linken OL-Schuh zerlegte und fortan mit einem Klappschuh durch den Wald lief. Den Improvisationskünsten eines Mannes am Getränkeposten und das Vorhandensein eines Kabelbinders sei dank, konnte er den Lauf doch noch mit einer guten Zeit zu Ende bringen. Der letzte Zieleinlauf in die Arena Ränneslätt wurde von allen noch mal so richtig genossen. Und dann waren sie vorbei die fünf Etappen beim O-Ringen 2009.

Nun hieß es Zelte abbauen und Sachen packen. Abends nach dem Essen in der Zeltmensa spielten wir zum Abschluss noch mal eine Runde Kupp. Wobei Marco mit seiner neuen Wurftechnik brillierte, die er sich zuvor bei den schwedischen Kindern abgeschaut hatte und regelmäßig die Klötzer abräumte. Carmen spielte dagegen ganz routiniert ihren Stiefel runter, Philipp hatte ein wenig Pech, denn die Klötzer wollten bei ihm einfach nicht umfallen und Sandra bewies, dass sie auch als „einarmige Banditin“ eine gute Figur machte. Zur Motivationsauffrischung konnte Mann aber auch mal ganz ungeniert einen Blick auf die hübschen, blonden Schwedinnen werfen, die auf dem Weg zur Abschlussfeier waren und am Spielfeldrand vorbei promenierten.

Aber in dieser einen Woche standen neben den 5 Etappen auch noch andere nicht minderwertige Aufgaben auf dem Programm. So galt es bis zur Abfahrt 12 Pakete Milch alle zu bekommen, koste es was es wolle. Dieser Programmpunkt konnte am Tag der Abreise, dann auch erfolgreich abgehakt werden. Ich persönlich habe, mit Ausnahme in der frühesten Kindheit noch nie so viel Milch, wie in diesen acht Tagen beim O-Ringen getrunken. Außerdem konnten Aufgaben, bei denen es um die Suche nach Koch- und Essutensilien ging, meistens durch einen Blick in den O-Ringenbeutel gelöst werden.

Letztendlich war es für uns alle ein tolles Gefühl in Eksjö dabei gewesen zu sein. Die dort erlebten positiven Erfahrungen werden noch lange im Kopf bleiben.

Foto

Auch wenn Schweden, was das Orientieren und die Belaufbarkeit angeht, etwas völlig anderes ist als in unseren heimischen Wäldern, wo wir auf der Endmoräne entlang düsen und uns durch Dickicht schlagen. Deshalb wäre Schweden für ein Trainingslager auch mal eine Reise wert. Die vielen Sümpfe, Steine, Hügel und Täler dazu ein kaum vorhandenes Wegenetz, endlos lange Schläge wo man sich zwecks Routenwahl und beim Kompasslauf eine ordentliche Platte machen musste, dazu der immense Detailreichtum auf der Karte. Das alles war schon sehr anspruchsvoll. Und fast jeder von uns musste feststellen, dass Sümpfe zu durchqueren eine echte Herausforderung ist, gerade wenn keine vorgetrampelten „Autobahnen“ vorhanden sind.

Nach sechs ereignisreichen und sehr schönen Tagen hieß es dann am letzten Samstag Abschied voneinander nehmen. Während die meisten von uns noch eine oder sogar zwei Wochen Urlaub dranhingen, um sich von den Strapazen des O-Ringens zu erholen, traten Sandra, Marco und ich die Heimreise nach Deutschland an. Nach einem schier unendlichem Gezuckel über Schwedens Landstraßen, standen ab Trelleborg wieder sechs Stunden Fahrzeit mit der Fähre auf dem Plan. Diesmal fuhren wir an Bord der „Huckleberry Finn“, vorbei an den Kreidefelsen der Insel Møn, die kleinen Piraten machten ihrem Ruf wieder alle Ehre und kaperten, wie schon auf der Hinfahrt die Fähre. Diesmal waren wir aber so kaputt, dass uns dies nicht aus dem Schlaf reißen konnte. Abends kurz nach 21:00 Uhr rollte unser Auto wieder in Rostock an Land. An die schwedischen Abende gewöhnt, wo man noch bis spät in die Nacht ohne Stirnlampe über den Zeltplatz gehen konnte und es nur für ca. zwei Stunden einigermaßen dunkel wurde, waren wir überrascht wir schnell es in Deutschland wieder Nacht wurde. Gegen Mitternacht waren wir dann wieder zurück in Potsdam bzw. Michendorf.

Neben Muskelmiez, Erschöpfung und vereinzelten Schürfwunden bleiben vor allem schöne Erinnerungen an die gemeinsame Zeit in Schweden in unseren Köpfen zurück. Wer Lust bekommen auch einmal live bei diesem Großereignis dabei zu sein, der nächste O-Ringen findet vom 24. bis zum 30. Juli 2010 in Örebro statt.

Text und Fotos: Norbert Pflug